Dienstag, 27. Mai 2014

Die Frage des Gottes Indra


Dōgen erzählt eine legendäre Geschichte, in welcher der Gott Indra den Zen-Meister Daisho fragte, wie man „Freiheit vom Werden“ erlangen könne.

Daisho antwortete:
Du kannst die Freiheit vom Werden durch das Praktizieren der Wahrheit erlangen.“

Der Gott Indra fragte weiter, was die Wahrheit sei, und der Landesmeister erwiderte:

„Geist im Augenblick ist die Wahrheit.“

Als der Gott Indra weiter beharrte, was dies bedeute, sagte der Meister:

„Dieser Ort ist der Zustand der prajna-(Weisheit)“,

und er zeigte mit seinem Finger auf diesen Ort. Damit meinte er, dass dieser Ort selbst „das Netz der Perlen“ ist, also die Wirklichkeit, die schön wie eine Perlenkette ist.

Mithilfe dieser Kōan-Gespräche fasst Dōgen den Kern des Zen-Buddhismus zusammen: Der Geist kann nicht von den Dingen der Welt wie Mauern und Kieselsteinen getrennt werden. Die Frage nach dem ewigen beständigen Buddha beantwortet er mit der konkreten Begegnung zwischen einem fragenden Mönch und Daisho als Meister. Abstraktes Theoretisieren führt also im Buddha-Dharma oft nicht weiter. Es ist nur Futter für Spekulationen und Gehirnakrobatik. Freiheit, Emanzipation und die Unabhängigkeit bei Veränderungsprozessen erlangt man durch das Praktizieren der Wahrheit.

Der unfassbare Geist ist nach Dōgens Verständnis der Augenblick jetzt und der Ort hier. Dies ist nicht nur die höchste Weisheit des Buddha-Dharma, sondern auch leuchtend schön wie die Perlen.

Seine Schlussfolgerung lautet, dass wir Körper-und-Geist von Buddhas Wahrheit zusammen in der Praxis erlernen: Dieser

„Zustand ist jenseits von Denken und Wahrnehmung der gewöhnlichen Menschen und Weisen und Heiligen.“ Auf diese Weise „müssen wir in der Praxis meistern ‚Geist kann nicht erfasst werden‘.“