Der große Meister Zengen Chukos sagt, dass die Welt zertrümmert sei: man kann und sollte das meines Erachtens mehrschichtig
interpretieren und nicht bei einer platten
Negativität stehen bleiben. Es ist denkbar, dass damit die tatsächlichen
Probleme dieser realen Welt gemeint sind, also die Katastrophen und
Zusammenbrüche, die es immer wieder gibt. Ich möchte in diesem Zusammenhang
beispielhaft an die nukleare Katastrophe von Fukushima erinnern, die durch ein
starkes Erdbeben und eine hohe Tsunami-Welle ausgelöst wurde.
Die Natur hat hier ihre vom
Menschen nicht beherrschbare Gewalt geäußert, aber die eigentliche Ursache für das Unglück ist in der fehlerhaften Planung
des Atomkraftwerkes zu suchen. Die angenommenen Grenzwerte waren zu niedrig
angesetzt, und die Besiedlung des Küstenstreifens ist wegen der dauernden
Gefahr von Tsunamis unverantwortlich, um nicht zu sagen menschenverachtend. Eine vorausschauende Regionalplanung hätte die
Bebauung in diesem Gebiet vermeiden müssen.
Im Folgenden einige weiteren
Interpretationen: Die Vorstellungen, Ideologien, Täuschungen und Verdrängungen
der Menschen sind die Ursachen ideologischer
Tsunamis. Sie müssen zerschmettert
werden: Wenn wir das Gleichgewicht und
die Erleuchtung erlangt haben, gibt es sie nicht mehr! Leider müssen wir auch
in der heutigen Zeit immer wieder erleben, dass politische und wirtschaftliche
Ideologien und ungezügelte Gier zu schwerwiegenden Katastrophen führen, die
viele Menschen in große Not und Verzweiflung stürzen.
Derartige Akteure müssen
erkennen, dass sie sich von der Wirklichkeit und dem wahren Ethos, also der
Humanität, entfernt haben und neu ansetzen müssen.
Eine solche Interpretation
ergibt auch einen Sinn in der Debatte, wie es möglich sei, ohne den eigenen Körper zu sein: Überspitzt ausgedrückt kann man
sagen, dass die Ideologie eines losgelösten
Geistes beim Menschen und in der Welt zu Zusammenbrüchen führen muss, denn
der Geist ist immer eine unauflösbare Einheit mit dem Körper. Dieser
Körper-und-Geist ist der Geist der ewigen
Buddhas, das ist die Wirklichkeit.
Dōgen betont in aller
Klarheit, dass der Geist der ewigen Buddhas, also die von Natur aus gegebene
Wahrheit und Wirklichkeit, schon immer existiert hat und sich im gegenwärtigen
Augenblick verwirklicht:
„Vor allen Buddhas blüht der Geist der
ewigen Buddhas, und nach all den Buddhas trägt der Geist der ewigen Buddhas
Frucht. Vom ‚Geist der ewigen Buddhas‘ (als Begriff und erstarrte Vorstellung)
ist der Geist der ewigen Buddhas befreit.“
Diese Äußerungen sind nur
verständlich, wenn wir uns daran erinnern, dass der Buddha-Geist von den
Vorstellungen, Begriffen und Lehrinhalten grundsätzlich unterschieden werden
muss und als direkte Wirklichkeit in seiner Klarheit und Natürlichkeit verwirklicht wird. Das ist die Befreiung von verengenden Ideen und
oberflächlichem Materialismus.