Montag, 26. Oktober 2015

Das ES des Meisters ließ den Kosmos aufleuchten


Der große Meister Zen-Daikan Enō (Hui Neng) war zunächt als Waldarbeiter und Holzsammler in den Bergen und Wäldern in Shinnshu zu Hause. Ich vermute, dass er mit größter Offenheit und Klarheit in und mit der Natur lebte. Er kannte den Wald, die Pflanzen und Berge, ohne viel darüber zu reden, sie waren seine Freunde. Sein Vater war früh gestorben, und mit seinen kleinen Verdiensten ernährte er auch seine mittellose Mutter.

„Durch seine Anstrengung und seinen Fleiß unter den grünen Pinien hatte er die Wurzeln (der Täuschungen) ausgerottet, aber wie konnte er von den ewigen Lehren wissen, die den Geist erleuchten?“ 

Daikan Enō konnte, so schildert es die Überlieferung, weder lesen noch schreiben und hatte daher niemals in einem Kloster oder an irgendeinem Ort in den Sūtras gelesen. Und er hatte keinen buddhistischen Lehrer, unter und mit dem er sich in der Praxis „reinigen“ konnte. Das ist eine ganz erstaunliche Ausgangslage für diesen äußerst kreativen und klaren Zen-Meister, der später große Schüler hatte, die selbst Meister wurden und durch die der Zen-Buddhismus seine goldene Zeit in China erlebte.

Es wird berichtet, dass Daikan Enō auf einem Marktplatz zufällig ein Sūtra von einem Zen-Mönch hörte, nachdem er aus dem Wald zurückgekehrt war. Bis dahin wusste er überhaupt nichts vom buddhistischen Weg. Niemand hatte ihn ermutigt oder auch nur dazu angeregt, die buddhistische Lehre und Praxis zu erlernen.

„Er wusste nicht, dass in seinem Gewand (eines einfachen Waldmannes) eine verborgene Perle lag, die den Kosmos aufleuchten lassen wird. Plötzlich (durch das Diamant-Sūtra) erleuchtet (und unmittelbar ergriffen), verließ er seine alte Mutter und machte sich auf den Weg, einen Lehrer zu suchen.“

Bevor er sich aufmachte, war es ihm noch gelungen, seine Mutter zu versorgen. Der Buddha-Dharma hatte ganz plötzlich in seinem Leben das größte Gewicht bekommen:

Das ES war in jäh begegnet. Er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sein Leben nach dieser Begegnung mit dem Es des Zen-Geistes eine neue Richtung genommen hatte, der er nun mit aller Konsequenz und Klarheit folgte.

„Dies ist genau die Wahrheit jener Menschen, die Weisheit haben, wenn sie (den Dharma) hören. Sie sind fähig zu vertrauen und verstehen sofort.“

Dōgen erläutert, dass eine solche Weisheit des Geistes nicht von anderen Menschen erlernt wird und auch nicht durch uns selbst entsteht:

„Weisheit kann Weisheit direkt aus Weisheit herausholen.“

Eine wirklich echte und wahre Lehre wie der Zen-Buddhismus kann uns also unmittelbar und unerwartet erfassen, und plötzlich stehen wir an einer Weggabelung unseres Lebens. Ganz neue Möglichkeiten, Fähigkeiten und Freiheiten eröffnen sich plötzlich. Ein solches Ereignis lässt sich nur unzureichend auf Umstände und Ursachen zurückführen,

"aber weil eine solche Wahrheit im Inneren und direkt in unseren Körpern gegenwärtig ist, verstehen sie die Dharma-Wahrheit sofort, wenn sie diese hören.“