Buddha nennt die Arbeit eines Handwerkers, des
Drechslers, um die fundamentale Bedeutung der Achtsamkeit zu erläutern. Es ist
dabei bedeutsam, dass das Handeln des Drechslers eine ganz praktische und von
ihm häufig ausgeführte Tätigkeit ist und nicht in der Abgeschiedenheit eines
Klosters vollzogen wird.
Hier ergibt sich eine enge Verbindung zum Zen –
Buddhismus, der das praktische Handeln im Hier und Jetzt des Alltags bei
Klarheit und ethischer Verantwortung in den Mittelpunkt stellt: „Erleuchtung ist Feuerholz tragen und Wasser
schöpfen“ heißt es von einem berühmten Zen – Meister. Eine andere
Formulierung lautet: „Ein Tag ohne Arbeit
ist ein Tag ohne Essen“, die einem anderen alten Meister zugeschrieben
wird, dem die Mönche im Kloster die Werkzeuge zur Bearbeitung der Felder und
des Gartens weggenommen hatten, weil sie meinten, er sei zu alt und
gebrechlich, um arbeiten zu können.
Der Meister hat daraufhin abgelehnt zu essen, ist
also in den Hungerstreik getreten, um klar zu machen, dass er nicht bereit ist
ohne seinen machbaren Anteil der Arbeit am Klosterleben und dem Funktionieren
des Ganzen weiterzuleben. So musste man ihm sein Werkzeug wieder geben. Die
Arbeit war sicher wegen seiner körperlichen Einschränkung nicht in demselben
Maße möglich wie bei den jungen kräftigen Mönchen. Ist das wichtig?
Buddha erwähnt dieses Gleichnis im sutta „Grundlagen
der Achtsamkeit“ und formuliert:
„Gleichwie
ihr Mönche ein geschickter Drechsler oder Drechslergeselle, wenn er lang
anzieht erkennt: `ich ziehe lang an`, wenn er kurz anzieht: ich ziehe kurz an`“
.
In derselben Weise solle beim Atmen in der Meditation
vorgegangen werden und ein bewusstes klares Beobachten ermöglichen. Deutlich
ist dabei auch, dass das Handeln im Vordergrund steht und dass der Geist, die
Beobachtung dabei gewissermaßen „mit
läuft“ und dadurch das Handeln bewusst wird. Handeln und Geist sind in
Wechsel-Wirkung und nicht voneinander zu trennen.
Es ist nicht
davon die Rede, dass der Wille und das Bewusstsein allein steuern; der Drechsler muss selbstverständlich eine
gründliche lange Ausbildung durchlaufen haben, um die Aufgaben seiner
handwerklichen Arbeit genau und präzis durchführen zu können. Es kann für den
Drechsler sogar hoch gefährlich werden, denn bei unachtsamer Arbeit kann er sich schwer verletzen!
Es geht darum, sein Handwerk
durch permanente Übung und Verfeinerung so weit zu vervollkommnen, dass die
Feinkoordinierung mit offenem Geist ohne Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten
arbeitet und dass dabei der Geist in Achtsamkeit weilt. Dieser wird weder
ausgeschaltet oder ist Störfaktor, noch ist er umgekehrt durch Ehrgeiz, Ängste,
Doktrinen, Ich – Zentriertheit usw. unkonzentriert. Buddha spricht sogar von
unbewussten Bereichen des Geistes, die für ein sinnvolles und erfülltes Leben
auch und gerade bei der Achtsamkeit wichtig sind. Dies leuchtet beim Drechsler
sofort ein: Die meisten seiner feinmotorischen Steuerungen laufen unbewusst ab
und haben sich im Laufe des Übungsweges im neuronalen Netz immer feiner
ausgebildet.
Das Wichtige ist also die
gute Wechsel-Wirkung von bewusster Achtsamkeit und unbewussten Steuerungen und
darauf aufbauender Fähigkeiten. Wie wir aus der Gehirnforschung wissen, werden
dabei die speziellen Teilsysteme immer weiter trainiert.
Und wer ganz bei seinem Tun weilt, hat eine tiefe fast unerklärliche Freude, er ist zur Ruhe
gekommen: Ruhe in Ruhe, Bewegung in der Ruhe und Ruhe in der bewussten Bewegung.