Samstag, 17. Januar 2009

Der Wille zur Wahrheit (Teil 1)

Nach Dôgen ist es für unseren schwierigen Lebensweg von entscheidender Bedeutung, dass wir den Willen zur Wahrheit erwecken und ihn wie einen Kompass in uns tragen.
Im großen Kloster Ehei-ji in Japan
Dann können wir auch in verwirrenden Situationen, und wenn wir in menschliche Sackgassen geraten sind, wieder den richtigen Weg finden, um zu einem Leben in Freude, Frieden und Kreativität zu kommen.
Er hatte selbst z. B. auf seiner langen Suche nach der wahren buddhistischen Lehre und Praxis in Japan und auch in China viele Schwierigkeiten zu bestehen, bis er endlich seinen eigenen wahren Lehrer gefunden hatte. Dann entdeckte und verwirklichte er die wahre buddhistische Theorie und fand durch die Zazen-Praxis den befreienden Ausweg aus dem Lebenslabyrinth. Nicht zufällig handelt das erste Kapitel des gesamten vierbändigen Werkes Shôbôgenzô (Bendowa) von der Suche nach der Wahrheit.
Dôgen macht dabei unmissverständlich deutlich, dass dies nur in der Verbindung von Theorie und Praxis nach dem authentischen Buddha-Dharma möglich ist.
Viele Buddhisten hoffen vergeblich, dass sie allein mit einer idealistischen oder esoterischen buddhistischen Lehre zum höchsten Zustand des Erwachens und der Erleuchtung gelangen können. Dies ist aber nach Nishijima Roshi, der sich auf Dôgen stützt, ein schwerwiegender Irrtum. Es ist unbedingt erforderlich, die Lebensphilosophie der Formen und Dinge, also die Vielfalt dieser Welt, im Einzelnen und differenziert kennenzulernen und zu erfahren. Außerdem muss dies mit dem nächsten Schritt und der nächsten Phase des Lebens, nämlich dem Tun und Handeln im Hier und Jetzt, verschmolzen werden.
Wer diese Entwicklungsphasen der äußeren Formen und des Handelns überspringen will, kann nicht in den Zustand des Erwachens gelangen.

Dies mag für viele idealistische Buddhisten überraschend sein. Wenn man jedoch die große Bedeutung des täglichen Handelns im Zen-Buddhismus, z. B. im Tempel und auf den Feldern bedenkt, ist das wirklich einleuchtend. Die Zazen-Praxis des einfachen Sitzens, ohne sich dabei auf ein Meditationsobjekt zu konzentrieren, ist nach Nishijima Roshi das Tun und Handeln in reiner Form im Hier und Jetzt. Er betont, dass es ohne Zazen überhaupt keinen wahren Buddhismus gibt.

In diesem Kapitel (Kap. 93, Doshin) fasst Dôgen seine Lehre von dem Streben und dem Willen zur Wahrheit zusammen. Es wird vermutet, dass er diesen Vortrag für Laien ausgearbeitet hat, sodass er sehr direkt und auch ziemlich knapp gehalten ist. Dôgen erklärt seinen Zuhörern die wichtigen Eckpunkte des buddhistischen Weges, der mit dem festen Willen zur Wahrheit beginnt und das Bekenntnis zu den drei Juwelen Buddha, Dharma, Sangha einschließt.
Die Zazen-Praxis sei dabei ganz wesentlich. Dôgen lehrt hier also mit einfachen Worten die entscheidenden Bereiche des Buddha-Dharma, also des buddhistischen Lebens in Theorie und Praxis. Er beginnt dieses Kapitel wie folgt:
"Bei dem Streben nach Buddhas Wahrheit sollten wir den Willen zur Wahrheit als das Wichtigste ansehen. Menschen, die wissen, was es mit dem Willen zur Wahrheit auf sich hat, sind (aber leider) selten. Wir sollten diese Wahrheit bei den Menschen erkunden, die diese einwandfrei kennen."