Samstag, 24. Juli 2010

Gleichnis des Ozeans für die Verwirklichung


Dôgen sagt zum Ozean:
„Es gibt andere, unerschöpflich viele Qualitäten des Ozeans: (Für die Fische) ist er wie ein Palast und (für Götter) wie eine Perlenkette.“

Nach der buddhistischen Lehre erscheint das Wasser des Ozeans für Dämonen demgegenüber als Blut oder Eiter. Im Zen-Buddhismus geht es nicht nur einseitig um die für uns Menschen subjektiv angenehmen Qualitäten.

„Aber so weit unsere Augen sehen können, scheint (der Ozean) genau rund zu sein. Wie es für (den Ozean) ist, so ist es für die unzähligen Dharmas.“

Die Rundheit des Ozeans kann man auch als Symbol für den Zustand des Gleichgewichts verstehen. Nach der buddhistischen Lehre ist dies der natürliche Zustand, der zum Beispiel bei uns Menschen durch Täuschungen und Emotionen gestört oder unmöglich gemacht wird. Wie genau unsere Augen wahrnehmen, sei dabei maßgeblich von unserem eigenen Gleichgewicht abhängig. Wenn wir uns nicht im Gleichgewicht befinden, sind Verzerrungen oder dumpfe Teilnahmslosigkeit unvermeidlich.

Damit meint Dôgen, dass die Vielfalt der Welt (Dharmas) wie der runde Ozean in seiner Ruhe und Rundheit erfahren wird, wenn wir die Verwirklichung und Erleuchtung erlangt haben. Die Form und die Vielfalt der Dharmas sind dann zu einer Einheit mit dem Erwachen verschmolzen.

„Im Staub (der üblichen Welt) und außerhalb des (dieses) Rahmens (also im Buddha-Zustand) umfassen (die unzähligen Dharmas) eine große Zahl von Situationen. Aber wir sehen und verstehen dies nur soweit, wie unsere Augen des in der Praxis Lernens dies erfassen.“

Es hängt von uns und unserer Klarheit ab, inwieweit wir die Vielfalt der Welt und der anderen Menschen verstehen und erfahren. Unsere Augen öffnen sich immer mehr, je weiter wir auf dem Buddha-Weg vorangehen. Wichtig bei diesem Zitat ist nicht zuletzt die Aussage, dass der Lernprozess in der Praxis stattfinden muss. Theorie allein reicht also nicht aus, aber auch eine hektische Praxis ohne Kenntnis der buddhistischen Lehre bewirkt nichts.

Nishijima Roshi sagt dazu: „In der weltlichen und buddhistischen Gesellschaft können wir nur die außerordentlich verschiedenartigen Unterschiede in dem Maße erkennen, wie wir sie sehen und selbst erfahren.“