Samstag, 26. März 2016

Buddhismus und Handeln

(Nishijima Roshi)
Der Buddhismus ist eine Religion, die wesentlich auf Lernen und auf Training basiert, und zwar vor allem in der Praxis und beim Handeln. Man könnte sogar von einem „Primat der Praxis des Handelns“ sprechen. Dieses besondere Kennzeichen unterscheidet den Buddhismus von anderen Religionen. Auch die buddhistische Theorie hat sich auf dieser Basis entwickelt.

Dieses Typische des Buddhismus als Religion des Handelns ist von großer Bedeutung, wenn wir die Richtung der Entwicklung einbeziehen, in die sich die Weltgeschichte bewegt. Um eine Zusammenfassung der Entwicklung der modernen westlichen Kultur geben zu können, möchte ich aus meiner Sicht als Japaner eine kurze Analyse dieser Kultur- und Geistesgeschichte voranstellen.

Wir nehmen an, dass die uns bekannte Weltkultur in Ägypten, Mesopotamien und Indien ihren Anfang nahm. Neue Entdeckungen weisen darauf hin, dass die menschliche Entwicklung in Äthiopien begann. In der Ägäis und auf den Inseln Griechenlands keimten die Samen der westlichen Kultur. Die moderne Kultur und Zivilisation verdankt diesen Ursprüngen bis heute sehr viel.

In der Gruppe großer Denker des alten Griechenlands nimmt der Philosoph Plato einen besonderen Platz ein. Er entwickelte eine Philosophie, deren Zentrum das rationale Wirken des Geistes ist; wir nennen sie heute Idealismus. Dieses Grundkonzept verbreitete sich von Griechenland aus und fand Eingang in das Römische Reich, von wo es sich zusammen mit der römischen Kultur rasch in alle Richtungen des damaligen Europa verbreitete. Die Zeit war also reif für den Idealismus.

In der späten Phase des Römischen Reiches traf der Idealismus schließlich mit dem sich entwickelnden Christentum zusammen und verband sich mit dem Glauben an einen vollkommenen, allwissenden und allmächtigen Gott. Beide Bereiche befruchteten und verstärkten sich gegenseitig.

Das Christentum konnte die logische Stringenz des griechischen Idealismus nutzen, um eine klare Theologie zu entwickeln. Umgekehrt formten die Ideale des Christentums zentrale neue philosophische Denkimpulse. Diese Entwicklungsphase schuf die Grundlagen für das Christentum, das auf einer idealistischen Sichtweise der Welt aufbaute und sich geografisch in die verschiedenen Länder der damaligen europäischen Kulturen ausbreitete.

Das Christentum ist eine Religion, deren Zentrum der Glaube an einen jenseitigen Gott ist, nach dessen Bild die Menschen erschaffen wurden. Mit diesem Glauben erzeugten die Menschen in Europa Gesellschaften, die auf den christlichen Idealen gründeten, die sie in ihrem Geist prägten.

Sie versuchten, ihr tägliches Leben an diesen Idealen auszurichten. Dies passte durchaus zu den damaligen schweren Zeiten, als die Lebensbedingungen sehr hart und arm waren; der Glaube an die „Erlösung“ im Jenseits bot einen tröstenden Ausweg aus den Mühen des Alltags.

Am Ende des Mittelalters begann die wirtschaftliche Produktivität jedoch zu steigen, und das Leben der Menschen in Europa verbesserte sich langsam. Befreit von dem Kampf um das nackte Überleben, fingen sie an zu erkennen, dass der Mensch eine körperliche Existenz hat, die nicht verachtet oder vernachlässigt werden kann. Kurz gesagt entwickelte sich allmählich eine ganz neue Sicht des Lebens. Die objektiven Naturwissenschaften nahmen ihren Anfang.